Bei­spiel­s­ze­na­ri­en

Generell muss sämtliche empirische Bildungsforschung Grundsätzen ethischen Handels genügen (siehe Checkliste). Je nach Art und Fokus eines Forschungsprojekts sind dabei aber spezifische Aspekte besonders relevant bzw. sollten schon bei der Projektplanung besonders berücksichtigt werden. Im Folgenden haben wir für typische Fälle Hinweise auf mögliche Fallstricke formuliert.

Da Schüler*innen (meist) noch nicht volljährig sind, sollten unabhängig von der konkreten Befragungsmethode (Fragebogen, Interview etc.) insbesondere hinsichtlich der Aufklärung und Zustimmung zur Studienteilnahme ein paar Anforderungen beachtet werden.

Zum einen muss eine Aufklärung über das Forschungsprojekt (Ziele, Abläufe, Datenverwendung) in einer Form erfolgen, die auch für die teilnehmenden Schüler*innen verständlich ist. Eine Aufklärung für Kinder im Grundschulalter erfordert andere bzw. einfachere sprachliche Formulierungen als bspw. für Teenager. Die Schüler*innen müssen auf Basis einer für sie verständlichen Information in die Teilnahme einwilligen können. Zum anderen müssen auch die Erziehungsberechtigten über die Teilnahme ihres Kindes aufgeklärt werden und ihre Zustimmung sollte explizit eingeholt werden. Auch wenn es nicht zwingend schriftlich erfolgen muss, ist für die Dokumentation eine schriftliche Einwilligung das sinnvollste Verfahren. Auch Kinder in der Grundschule können schon schriftlich einwilligen und es ist auch ein Ausdruck guter ethischer Praxis, wenn man sie an dieser Stelle ernst nimmt. Generell gilt auch für Schüler*innen, dass die Teilnahme freiwillig sein muss. Möchten Schüler*innen nicht teilnehmen, dürfen ihnen keine Nachteile entstehen. Sie müssen auch ohne Begründung die Teilnahme abbrechen können.

Durch ihr Alter sind Schüler*innen zudem eine besonders vulnerable Gruppe, bei der besonders sicherzustellen ist, dass durch eine Teilnahme kein Schaden oder Unbehagen erzeugt wird, die über alltägliche Erfahrungen hinausgehen (wie z.B. Rufschädigung). Ob dies potentiell möglich ist, hängt sehr vom Forschungsgegenstand ab. Geht es bspw. um Meinungen zu bestimmten Unterrichtsmethoden oder Fragen zur Nutzung spezifischer digitaler Medien ist die Gefahr eher gering. Zielt die Forschung bspw. auf die Sozialbeziehungen in einer Klasse, dann besteht ein solches Potential eher. Daher sollte man bei der Auswahl/Entwicklung von Erhebungsinstrumenten besondere Sorgfalt walten lassen. Es ist auch zu prüfen, ob alle demografischen Angaben, die in Untersuchungen häufig „nebenbei“ als Kovariaten erhoben werden, wirklich gebraucht werden, wenn sie für die Prüfung von Forschungshypothesen nicht notwendig sind (bspw. einen evtl. Migrationshintergrund, Religion etc.). Die Erhebung von Daten soll somit so pragmatisch wie möglich erfolgen und nur für die Forschungsfrage notwendige Variablen erfassen.

Bei der Befragung von Schüler*innen gibt es Fälle, bei denen auf eine solche explizite Einwilligung verzichtet werden kann. Dies ist aber nur unter bestimmten Bedingungen möglich (siehe Richtlinie DGPs, 7.3.6; diese Richtlinie wird von der Ethik-Kommission als Entscheidungsgrundlage genutzt). Grundsätzlich muss auch hier sichergestellt sein, dass die Teilnahme keinen Schaden oder Unbehagen erzeugen kann. Zusätzlich muss sich die Forschung auf „gängige Erziehungsmethoden, Curricula oder Unterrichtsmethoden im Bildungsbereich“ (siehe Richtlinie DGPs, 7.3.6) beziehen, anonymisierte Fragen/Fragebögen nutzen, deren Enthüllung für die Schüler*innen keine Nachteile bedeutet oder wenn die Forschung anderweitig durch Gesetze oder Verordnungen erlaubt ist. Ein typisches Beispiel hierfür wäre die Befragung einer ganzen Klasse mit Fragebögen bzgl. der Unterrichtsqualität einer gerade erlebten Stunde mit Hilfe eines anonymen, standardisierten Fragebogens. Eine Erhebung, die durch Verordnungen in diesem Sinne legitimiert wäre, sind zum Beispiel die zentralen Lernstandserhebungen des Bundes.

Grundsätzlich gelten für Forschungsvorhaben, in denen Videoaufzeichnungen von Unterricht in Klassen oder Kleingruppen angefertigt werden, dieselben Anforderungen wie für Befragungen von Schüler*innen. Eine solche Aufzeichnung ist allerdings per se keine anonyme Erhebung, so dass immer eine aufgeklärte Einwilligung (auch der Erziehungsberechtigten) einzuholen ist. Bei der Projektplanung sollte zudem schon überlegt werden, wie man während der Erhebungen mit Schüler*innen umgeht, die evtl. nicht teilnehmen möchten, damit ihnen kein Nachteil entsteht (indem sie bspw. einfach vom Unterricht ausgeschlossen werden). Zudem sollte aus forschungsethischer Perspektive abgewogen werden, inwiefern personenbezogene Details erkennbar sein müssen, um das Forschungsziel zu erreichen (z.B. Abwägung zwischen Videografie und Audiografie).

Fokussiert ein Projekt auf die Entwicklung und Evaluation von neuen Konzepten, die im regulären Unterricht erprobt werden, gelten für die damit verbundenen Datenerhebungen natürlich auch die Bedingungen für Befragungen mit Schüler*innen. Möchten Schüler*innen nicht an Befragungen teilnehmen, dürfen sie aber natürlich nicht vom Unterricht ausgeschlossen werden, damit sie keine Nachteile erleiden. Es darf ihnen aber eine gleichwertige Aktivität angeboten werden (z.B. in einer Parallelklasse oder einem Nebenraum).

Ergibt sich im Laufe eines Entwicklungsprojekts, dass weitere Daten erhoben werden sollen, die nicht durch eine vorhergehende Einwilligung abgedeckt sind, dann muss eine zusätzliche Einwilligung eingeholt werden.

Forschungsprojekte mit Studierenden als Teilnehmende sind ein wichtiger Forschungszweig an der UPB. Durch ihre Volljährigkeit können Studierende selbst in eine Teilnahme einwilligen. Es ist aber besonders sicherzustellen, dass eine Teilnahme freiwillig erfolgt und durch die Nicht-Teilnahme keine Nachteile entstehen. Werden Erhebungen bspw. in Kurskontexte eingebunden, müssen Alternativen für Studierende bereitgestellt und kommuniziert werden, die nicht an Befragungen teilnehmen möchten. Werden Studierende in eigenen Kursen befragt, ist es zudem empfehlenswert, Abhängigkeiten möglichst zu reduzieren, z.B. indem Befragungen und Datenaufbereitung durch unabhängige Personen durchgeführt werden.

In der Hochschule kann aber analog zu Befragungen an Schulen auf eine explizite Einwilligung verzichtet werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden (siehe Richtlinie DGPs, 7.3.6). Hierfür wäre z.B. die Erhebung der Lehrqualität einer Veranstaltung mit Hilfe eines anonymen Fragebogens ein Beispiel (oder die studentische Veranstaltungskritik, die aber kein Forschungsprojekt im engeren Sinne ist).